Die Schreibforschung untersucht und erforscht Vorgänge, Prozesshaftigkeit und Struktur von Schrift(-lichkeit) und des Schreibprozesses, der sich aus (a) "Schreiben" als Textverarbeitung, (b) "Schreiben" als Prozess und (c) "Schreiben" als Aneignung zusammensetzt.
Dabei wird das "Schreiben" als intra- und interdisziplinärer Sammelbegriff für einen Teilbereich der "schriftkonstituierten Kommunikation"1 verstanden, der sich über die wissenschaftliche Teilgebiete der Textwissenschaft, Fachdidaktik und Kognitionspsychologie erstreckt. Dabei wird "Schreiben" jedoch nicht als wissenschaftlicher Zweig bearbeitet.
Vielmehr wird der Forschungsschwerpunkt auf folgende, mit dem Schreiben verknüpfte Aspekte gelegt:
- Orthographie
- Graphemik
- Schreibprozessforschung
- mutter- und fremdsprachliche Schreibdidaktik
- Schriftsprachenerwerb
- sowie diverse praxisbezogene Felder: "akademisches Schreiben", "kreatives Schreiben", "technisches Schreiben"
Ihren Ursprung hat die Schreibforschung in der „literacy crisis" (Schreibkrise), die sich Ende der 70er Jahre in den USA „einstellte". Dieses konstatierte eine zunehmend mangelhafte Schreibfertigkeiten bei amerikanischen SchülerInnen.
Eine darauf aufbauende Bildungskampagne lieferte mittels didaktischer und pädagogischer Fragestellungen den Grundstock eines sich langsam herausbildenden Forschungsfeldes. In diesem stellen sich Sprach- und Schreibforscher bis heute folgende, wesentliche Untersuchungsfragen:
- ... was passiert im Schreibprozess?
- ... wie kann das "Schreiben" als Prozess strukturiert und systematisiert werden?
- ... welche kognitiven Prozesse laufen zeitgleich zum Produktionsprozess ab?
- ... welche sozialen Aspekte beeinflussen oder verändern Textproduktion-/Kommunikation?
- >... ist Schreiben "Handeln" / "Denken"?
1 Nach: Antos, Gerd / Pogner, Karl-Heinz (1995): Vorwort zu: Schreiben. Hrsg. v. Hellmann, Manfred W. Heidelberg: Julius Groos Verlag [Studienbibliographie Sprachwissenschaft, Band 14]. Seite 3.
Schreibforschung @ Gerd Antos
Gerd Antos war zu Beginn der 1980er einer der ersten deutschen Sprachwissenschaftler, die sich intensiv mit der sich gerade erst entstehenden Schreibforschung beschäftigt hatten.
So trugen seine dazugehörigen Publikationen maßgeblich zur Etablierung der Schreibforschung in der deutschen Sprachwissenschaft bei. Bereits 1980 widmete er seine Dissertationsschrift dem jungen Forschungszweig:
- Antos, Gerd: Grundlagen einer Theorie des Formulierens: Textherstellung in geschriebener und gesprochener Sprache.
Neben zahlreichen Publikationen sprach Gerd Antos mit mehreren Vorlesungen und (Fach-) Vorträgen an verschiedenen Universitäten und auf diversen Kongressen und Tagungen über den aktuellen Forschungsstand. Dabei ist vor allem sein letzter Vortrag von 2009 zu erwähnen:
- Antos, Gerd: Text und Stil: gesprochen und geschrieben. Internationale Fachtagung: Texte unter sprachvergleichender und kulturkontrastiver Perspektive. Wege der Akademischen Kooperation zum Ziel einer Interkulturellen Germanistik. (Universität Pisa)
Besonderen Anteil an seiner Forschung ist Antos' stets interdisziplinär ausgerichteter Blick, so dass er die "Schreibforschung" bzw. die (Er-) Forschung der "Textproduktion" "auch in ihren Nachbardisziplinen angesiedelt"2 sieht und in seine Arbeit einbindet:
- produktionsorientierte Textlinguistik
- Rhetorik, Stilistik und Formulierungstheorien
- Diskurs/ -Konversationsanalytische Forschungen
- prozessorientierte Schreibforschung
- Sprachpsychologie und Psycholinguistik
- Untersuchungen zur "second language production" in der Sprachlehrforschung
- Mutter- und fremdsprachliche Sprachdidaktik
- Automatische Textgenerierung
- Patholinguistische Forschungen
2 Nach: Krings, Hans P. / Antos, Gerd (1992): Textproduktion. Neue Wege der Forschung. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier [Fokus Linguistisch-Philologische Studien, Band 7], S. 1.
Publikationen und anderes
Ausgewählte Publikationen:
Antos, Gerd / Pogner, Karl-Heinz (1995): Schreiben. Hrsg. v. Hellmann, Manfred W. Heidelberg: Julius Groos Verlag [Studienbibliographie Sprachwissenschaft, Band 14].
Antos, Gerd / Augst, Gerhard (1992): Textoptimierung. Das Verständlichmachen von Texten als linguistisches, psychologisches und praktisches Problem. Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang.
Krings, Hans P. / Antos, Gerd (1992): Textproduktion. Neue Wege der Forschung. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier [Fokus Linguistisch-Philologische Studien, Band 7].
Antos, Gerd / Krings, Hans P. (1989): Textproduktion. Ein interdisziplinärer Forschungsüberblick. Tübingen: Max Miemeyer Verlag.
Antos, Gerd (1982): Grundlagen einer Theorie des Formulierens. Textherstellung in geschriebener und gesprochener Sprache. Hrsg. v. Henne, Helmut u.a. Tübingen: Max Miemeyer Verlag [Reihe Germanistische Linguistik 39].
Ausgewählte Vorträge und Tagungen:
2009 Text und Stil: gesprochen und geschrieben. Internationale Fachtagung: Texte unter sprachvergleichender und kulturkontrastiver Perspektive. Wege der Akademischen Kooperation zum Ziel einer Interkulturellen Germanistik. Universität Pisa
2007 Textlinguistik: Vorlesung mit lebendiger Bibliographie. Schriftliche Textproduktion: Formulieren als Problemlösung. Universität Darmstadt
1996 Organisation der Sektion "Schreiben lernen - Schriftlichkeitsstandards". Symposium Deutschdidaktik. Berlin
1992 Writing vs. Speaking: Text, Language, Discourse, Communication. Prag (Tschechien)
1991 SkriveDag. Odense (Dänemark)
1989 Linguistische Schreibforschung. Rhein-Ruhr-Diskurs. Dortmund
1989 Linguistische Schreibforschung. Arbeitstagung der Akademie der DDR "Kommunikationstagung 1989". Wulkow (DDR)
1988 Rhetorische Textproduktion in technischen Fachtexten. Vortrag am Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen.
Weitere Informationen
... bei der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung